Der Wurf mit der Fliegenrute 1. Teil

  • Moin,




    Alle die es wissen
    wie es geht, werden mich nun für total verrückt halten. Einen derartig
    komplexen Ablauf kann man kaum schildern. Recht haben diese Leser, aber ich
    kann es dennoch versuchen.



    Wir kennen alle komplexen Abläufen wie z.B. das Abbiegen in
    eine andere Straße. Blinker betätigen, Kopf drehen, auf Radfahrern achten,
    dabei die Kupplung treten, Gang raus, Gang rein, Kupplung kommen lassen. Alles
    ganz einfach, da es uns in Fleisch und Blut gegangen ist, aber versucht es mal
    jemanden zu erklären, der Zeit seines Lebens auf einem Esel ritt. Nehmt euch
    gern eine leichte Spinnrute ohne Rolle zur Hand. In meiner Beschreibung gehe
    ich von einem Rechtshänder aus. Die Rechte ist unsere Wurfhand die Linke unsere
    Schnurhand. Wir kümmern uns zunächst nur um die Wurfhand.



    Die Stellung: Linken Fuß leicht nach vorn gebracht,
    Ellenbogen zeigt zeitlich schräg abwärts. Unsere Rute stellen wir uns fest
    verbunden mit unserem Unterarm vor. Wir
    wedeln ein wenig bis die ersten Meter den Spitzenring verlassen haben. Das
    Vorfach mit ca. 3 Meter und 4 Meter Flugschnur sind draußen, es ist langsam das
    Gewicht der Flugschnur zu spüren. Spätestens jetzt sollte Kontrolle in den
    weiteren Wurfablauf kommen. Wir setzen den Vorschwung, wobei unsere Rute auf
    halb 11 vor uns gestoppt wird (45°). Dieser Stopp ist wichtig und die
    Rutenspitze bleibt nun still stehen, jede Bewegung würde sich auf die nach vorn
    schießende Unterschnur auswirken, die jetzt über einen Bogen gebildet wird. Hat
    sich die Schnur gestreckt wird der Rückschwung angesetzt. Hier müssen wir
    innehalten und etwas beachten. Der Rückschwung wird in der Achse der
    gestreckten Schnur gesetzt und der Spitzenring beschreibt dabei einen konvexen Bogen. Sehr wichtig, daher
    möchte ich es verdeutlichen. Wir stellen uns einen riesigen, flachen
    Regenschirm vor. Unser Regenschirm hat auch die tollen Streben, die immer kaputt
    gehen. Eine Strebe zeigt direkt in Richtung unserer ausgestreckten Schnur nach
    vorn, die gegenüberliegende Strebe zeigt in genau entgegengesetzte Richtung
    nach hinten. Den Stiel des Schirmes können wir wegdenken, nur der Schirm mit
    seinen Streben schwebt über uns, ein Schirm mit flacher Wölbung. Nun setzten
    wir den Rückschwung und zwar so, dass der Spitzenring genau den Streben folgt
    und stoppen auf 45° hinter uns. Wer jetzt alles richtig gemacht hat, wird
    feststellen, es geht nicht. Die Rute ist mit unserem Unterarm eins und kaum
    jemand wird mit Oberarm nach schräg unten, Unterarm nach oben, diesen 45°
    hinter sich bringen. Hier kommt sehr gefühlvoll der Knick ins Handgelenk, sonst
    bringen wir die Rute nicht nach hinten. Das ist ein kritischer Punkt, denn
    durch das Knicken des Handgelenks wird allzu oft die Gerade verlassen. Ich
    erinnere nochmal: Schauen wir beim Überkopfwurf von oben auf den Fischer,
    beschreibt sein Spitzenring eine Gerade. Auch häufig zu sehen, ein Anheben(
    Abwinkeln) des Unterarmes in dieser Wurfphase, damit wird die Rute gehoben, unser
    Spitzenring verlässt den abfallenden Bogen im Regenschirm und steigt an. Das
    ist das Hauptübel dafür, dass bei ungeübten Werfern die gesamte Schnur in die
    Rute knallt. Also auf 45° hinter uns kommt der abrupte Stopp und die Rute
    bleibt still, bis sich die nunmehr schon 10 Meter Schnur abgerollt haben und
    der erneute Vorschwung beginnt. Hiermit werden wir an kleinen Bächen zurechtkommen,
    aber um die großen Weiten zu erzielen, muss das Laden der Rute durch Schieben
    und Doppelzug beschrieben werden. Das aber im nächsten Teil in einigen Tagen.



    Zum Schluss noch etwas sehr interessantes. Lasst mal euren
    Oberarm hängen, richtet den Unterarm auf
    und zeigt mit dem Zeigefinger in den Himmel. Nun der Schlag nach vorn 45° und
    sauberer Stopp, aus dieser Position, nur mit dem Unterarm Schlag nach hinten.
    Ungeachtet dessen, dass die 45° nach hinten nicht erreicht werden, werdet ihr
    auch keinen Stopp setzen können, Der Arm federt einfach zurück. Diese
    Schutzfunktion des Körpers sollte ein Fliegenfischer kennen, denn das Federn
    würde sich auf die Rutenspitze übertragen und somit auch auf die Schnur. Daraus
    ableitend wird z, B. ein Schlagenwurf so geworfen: Sauberer Vorschwung,
    sauberer Stopp und dann ein leichtes
    nach rechts und links wedeln. So kann die Schnur in Schlangenlinie
    abgelegt werden. Wofür es Gut ist würde hier zu weit führen.

  • Wir haben nun das Grundsätzliche
    angesprochen, Vorschwung, Stopp, Rückschwung, Stopp und alles auf einer
    Geraden. Ich habe nicht von einer Horizontalen gesprochen, die verlassen wir
    nun. Wir denken uns wieder unseren Schirm und zeigen mit der der Rutenspitze
    auf das Ende der Strebe nach vorn, also
    auf den Schirmrand. Wenn wir uns unseren Schirm im richtigen Durchmesser
    vorstellen bildet unsere Rute nun mit der Zenitachse (Senkrechte) einen Winkel
    von 45°.


    Nun stehen wir aber am Ufer, der
    Bach, den wir nicht bewaten können, strömt 1 Meter unter uns und hinter uns
    steht das Gras fast einen Meter hoch. Um nicht mit der Fliege ständig ins Gras
    zu schlagen, kippen wir unseren Schirm nach vorn. Unsern Vorstopp setzen wir
    nun bei vielleicht 60° und den Rückstopp bei 30°. So haben wir die Horizontale
    verlassen, arbeiten aber weiterhin auf einer Geraden. Ähnlich verhält es sich
    bei seitlichen Würfen. Dazu kippen wir unseren Schirm um die beabsichtigte
    Gradzahl zur Seite und folgen mit unseren Schwüngen sauber den gedachten
    Streben. Immer schön sauber durch den Mittelpunkt des Schirms, denn die Gerade
    dürfen wir nicht verlassen.


    So nun aber zum Laden der Rute,
    wir wollen ja auch mal eine Forelle in 20 Meter Entfernung erreichen. Das Laden
    können wir auch als „Tuchfühlung aufnehmen“ bezeichnen. Denken wir mal an das
    Posenangeln, da machen wir etwas Ähnliches. Der Biß kommt und wir kurbeln schon
    die lose Schnur, die im Bogen auf dem Wasser liegt, mit zwei drei Umdrehungen
    ein, bevor der Anschlag kommt. Wir können mit dem Schieben ca. 50cm Lose holen,
    mit dem Doppelzug ca. 1 Meter und mit dem Driften auch ca.1 Meter. Das Driften
    überlassen wir aber den Profis, es ist schon eine recht spezielle Sache.


    Kommt der Vorschwung zu spät
    fällt unsere Schnur zu Boden, kommt er zu früh schlagen wir in lose Schnur.
    Also der richtige Zeitpunkt ist wichtig, und den beeinflussen wir jetzt.


    Das Schieben: Wir stellen uns ein
    weiteres Hilfsmittel vor. Ein Brett auf dem unser Ellenbogen hin und her
    rutschen kann, ohne aber nach oben oder unten zu wandern, denn unser Schirm ist
    allgegenwärtig und verlangt nach der sauberen Bahn der Rutenspitze. Die Schnur
    rollt sich nach hinten ab und streckt sich, nun folgt nicht unmittelbar der
    Vorschwung, sondern wir schieben die Rute mit ganz leichter Oberkörperdrehung
    mit dem Ellenbogen auf dem Brett nach vorn und setzen den Vorschwung bis 45°
    während der letzten Phase des Schiebens. Haben wir den Zeitpunkt richtig
    gewählt, spannt sich die Schnur während des Schiebens, die Rute biegt sich
    schon leicht und lädt Spannung auf. So nun wissen wir was „Laden der Rute „ist.
    Aber das lesen wir nochmal ganz langsam, da war Klaus zu schnell. Unser konvexe
    Bogen, den der Spitzenring beschreibt, sieht nun etwas gedehnter aus, macht
    nichts, Hauptsache er wird nicht konkav
    durch ein Anheben der Rute.


    Im nächsten Teil kommt die
    Schnurhand ins Spiel und der Doppelzug wird beleuchtet.

  • Das ganze, mal aus sich der Flugschnur:


    Die Schnur wird mit der Rute gezogen.
    Nach dem trockenen/abrupten Stopp fängt sie an "sich selbst zu überholen", der Bogen/die Schlaufe entsteht.
    Die Schnur "rollt ab" ... bis sie sich ganz ausgestreckt hat (in die Richtung in die man sie gezogen hat).
    Für diesen Zeitpunkt gilt es das Gefühl zu entwickeln, denn erst hier zieht man wieder in die andere Richtung ....
    also erst wenn die Schnur gestreckt/fertig "ausgerollt" ist. (daraus ergibt sich also das eigentliche "Timing" von Vor- und Rückschwung)


    Die Schnur hängt ja an/aus der Rutenspitze.
    Die Bahn welche die Rutenspitze beschreibt überträgt sich auf die Schnur, wie Klaus schon geschrieben hat :gut
    Ist diese Bahn möglichst gerade (also die Bahn wo die Rutenspitze effektiv beschreibt) so gibt es einen schönen engen Schnurbogen/Schlaufe.


    Eine eng/kompakt abrollende Schlaufe ist zielgenau und weniger windfängig (die Energie ist konzentriert) und sie ist auch eine grundlegende Bedingung für weite Würfe.




    zur "Geraden" und der Schlaufe, hier noch eine kleine Ilustration:

  • - "-kav" wie in "Kavität", Aushöhlung, in der Mitte hohl, wie eine Schüssel
    - " -ex" wie "extern", "expandiert" nach aussen gewölbt, in der Mitte verdickt, wie etwa ein Kissen, oder "linsenförmig"

  • Schnurhand und Doppelzug,



    wir gehen gedanklich nun zurück zu den Anfängen und nehmen
    unsere Schnurhand mit ins Spiel. Zunächst ziehen wir ca. 10 Meter Schnur von
    der Rolle und lassen diese vor unseren Füssen liegen. Im Bereich der Rolle
    halten wir die Schnur in der Schnurhand und dort bleibt sie ständig. Bei jedem
    Vor-und Rückschwung lassen wir nach Gefühl einige Meter, manchmal nur cm durch
    die Schnurhand laufen. So, nun verlängert sich die Schnur, die wir in der Luft
    halten.



    Nun stellen wir uns mal den Auswurf einer Spinnangel vor.
    Rute nach hinten über die Schulter, Gummifisch hängt senkrecht nach unten und
    es folgt ein Schlag mit der Rute über den Kopf nach vorn. Die erzielte Weite
    wird jämmerlich sein. Was macht der Spinnfischer also: Er verlagert sein Gewicht
    wechsel Weise vom linken Bein aufs rechte Bein und drehen den Oberkörper zur
    Wurfseite. So pendelt sein Gummi. Im Moment des nach hinten Pendelns dreht er
    den Oberkörper zur Wurfrichtung, ungewolltschiebt er die Rute dabei nach vorn und
    lädt sie mit Energie. Noch während des Schiebens erfolgt der Wurf und die
    erzielte Weite sieht so schon viel besser aus. Nichts anders machen wir beim
    Fliegenfischen, es sieht nur ganz anders aus. Ein Fliegenfischer hampelt nicht
    herum, das erledigt unsere Schnurhand. Auch ersetzt der Doppelzug nicht das
    Schieben der Rute wie im 2. Teil beschrieben, sondern unterstützt es.



    Wir haben unsere Schnurhand nun zwischen Rolle und ersten
    Führungsring, die Schnur streckt sich nach hinten aus, mit dem Schieben der
    Rute nach vorn, reißen wir mit der Schnurhand Schnur in Achse der Rute nach
    unten und führen sie fest in der Hand wieder nach oben und lassen dann erst ein
    wenig los, um Schnur frei zu geben. Der Schlag zum Vorschwung erfolgte in der
    letzen Phase des Niederziehens. Das war ein Zug, es heißt aber Doppelzug, also
    auch das Ganze beim Rückschwung. Die Schlaufe läuft nach vorn aus und die
    Schnur streckt sich. Die Schurhand befindet sich wieder zwischen Rolle und
    ersten Ring vor uns, denn wir haben ja sauber in 45° gestoppt. Nun folgt eine
    dem Kraulschwimmen ähnliche Bewegung, wir wollen ja in Rutenachse ziehen,
    reißen also nach schräg unten, während wir die Rute nach hinten schieben, dann
    der Schlag, unsere Schnurhand ist nun schon wieder vor uns, da sie immer der
    Rute folgt und von dort folgt sie zur Ausgangsstellung und das Spiel kann von
    Neuem beginnen.



    Die Geschwindigkeit kann man mit dem Anreißen eines Benzinmotors vergleichen, auch
    andere Selbstverständlichkeiten werden hier deutlich. Wir reißen den Motor in
    die Richtung an, mit der der Anreißer aus dem Gehäuse kommt,, und lassen ihn
    auch nicht einfach wieder los, sonder lassen ihn unter der Federspannung wieder
    zurückgleiten. Nichts anderes machen wir beim Doppelzug. Anreißen,
    zurückgleiten lassen, alles schön in Richtung, damit die Kraft effektiv wirkt
    und sich nichts verheddert.



    Der Spinnfischer verlängert mit der Oberkörperdrehung den
    Weg und spannt die Schnur. Der Fliegenfischer verkürzt die Schnur und spannt
    die Schnur, oder wie wir sagen, lädt die Rute.



    Kurz zum Ablegen der Schnur. Wir wollen ja auch Fische
    fangen und nicht ständig in der Luft wedeln. Der letzte Vorschwung kommt ruhig
    und sinnig wie jeder andere auch. Wer meint, der letzte Schwung wird mit mehr
    Kraft und stärkerem Schlag geführt, um Weite zu erzielen, wird den Wurf
    versauen. Unsere Rute steht in 45°, die Schlaufe bildet sich nach vorn aus, das
    Vorfach streckt sich und wir neigen die Rutenspitze bis fast auf die
    Wasseroberfläche, so wird sauber abgelegt.



    Dieser Text wird nicht ausreichen um das Werfen zu erlernen,
    aber er kann Anhaltspunkte liefern, die zum besseren Werfen führen. Ich würde
    mich freuen, wenn der Eine oder Andere dienliche Hinweise gefunden hat. Sollten
    Fragen aufkommen, werden diese sicherlich auch von Lesern beantwortet, denn es
    gibt unter uns noch weitere Fliegenfischer.

  • Danke Klaus,


    schön beschrieben. Vielleicht können wir dies ja bei einem unserer nächsten Treffen,d ie sicher foglen werden mal mit der Knipse festhalten.


    Ist dann noch leichter nachzuvollziehen, wenn man da Serienaufnahmen macht, oder wie das auch immer heißen mag und die einzelnen Fotos dann rausnimmt.


    Auf jeden Fall, ist auch das auswerfen mit einer Fliegenrute keine Zauerei, allerdings gibt es wie überall, Stümper, Grobmotoriker, Anfänger, Fortgeschrittene und ab und zu auch Meister. Und wie sagt man so schön Übung macht den Meister, aber das gilt ja für fast alles, das Angeln betreffend.



    GvH Rainer


    Wenn eine Schraube locker ist, hat das Leben wenigstens ein bisschen mehr Spiel


    Einmal editiert, zuletzt von HAVÖRED ()

  • Von mir an dieser Stelle noch eine Randbemerkung:


    bei der Überei, bevor man es einiger massen koordiniert drauf hat, nicht dass mir jemand auf die Idee kommt eine Fliege mit Haken anzuknüpfen :!::!::!:


    da nimmt man wenn dann etwas weiches, ungefährliches. Einen Schnipsel Wolle oder irgend so was ... denn man wird es anfänglich garantiert öfter "schaffen" in Kontakt zu kommen damit ...


    Liebe Grüsse
    Cedi

  • Ich find´s toll, bis jetzt! :thumbup:


    Sagt mal: Könnte man auch passende Abbildungen beschaffen, die das Ganze veranschaulichen?
    Natürlich wäre dann das Copyright zu beachten.


    Das wäre noch der "Pep" für eine Anleitung, die dann natürlich ins "Wissenswerte" gestellt würde.


    MAX

  • das hat was mit dem bild zum text ...
    wären illustrationen vielleicht auch tauglich ?
    und welche genau ?
    mal schauen, da kriegen wir sicher noch etwas zusammen ...


    gruess
    cedi