Soeben online in der Hamburger Morgenpost gelesen:
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Welchen Fisch darf ich noch guten Gewissens essen?
Neue alarmierende Greenpeace-Studie: Aggressive Fangmethoden und Aquakulturen - Gründe für aussterbende Arten und ÜberfischungDIRK JOHANNES ANDRESEN, PET
HAMBURG Die Meere dieser Welt galten als unerschöpflich - auch was die Ernährung der mehr als sechs Milliarden Erden-Bewohner anging. Doch längst haben hochgerüstete Fischfangflotten diesen Reichtum gnadenlos geplündert. Vereinte Nationen und Umweltverbände schlagen Alarm: Wenn bedrohte Fischarten nicht schnellstens geschützt und aggressive, ganze Fischarten ausrottende Fangmethoden verboten werden, versiegen diese Ressourcen. Eine neue Greenpeace-Studie analysiert die Auswirkungen dieser Fangmethoden und erklärt, welchen Fisch man eigentlich noch guten Gewissens auf den Tisch bringen darf.
"Die Situation ist dramatisch", so Greenpeace-Meeresexpertin Iris Menn, "80 Prozent der Fischbestände der EU werden so stark befischt, dass ihre Nachkommenschaft nicht gesichert ist." Allein in der Nordsee gibt es jetzt schon fünf Mal weniger geschlechtsreifen Kabeljau als vor 20 Jahren.
Einer der Hauptgründe dafür ist die Grundschleppnetz-Fischerei - sie zerstört bis in 2000 Meter Tiefe ganze Ökosysteme. Tonnenschwere Grundschleppnetze nehmen alles mit, was sich ihnen auf dem Meeresboden in den Weg stellt. Die Folge: Bis zu 80 Prozent "Beifang". Neben den kommerziell verwertbaren Fischen hängen hauptsächlich Jungfische, Haie, Wale, Schildkröten usw. in den Netzen - und werden wieder über Bord geworfen. Iris Menn: "Eine maßlose Verschwendung von Leben." Der bei vielen Fischarten für aussterbende Bestände sorgt.
100 Millionen Tonnen Fisch werden jährlich weltweit verzehrt, jeder Deutsche isst 15,5 Kilo Fisch pro Jahr. Das geben die Meere nicht mehr her. Deshalb liefern schon jetzt sogenannte "Aquakulturen", künstliche Aufzuchts-Farmen, 47 Prozent des globalen Bedarfs. Aber: Die Probleme sind ebenfalls gravierend. Intensive Shrimps-Zucht in Asien und Südamerika zerstört die Mangrovenwälder - die natürliche Kinderstube vieler Fischarten. Oder: Viele Zuchtfische fressen Fisch - für ein Kilo gezüchteten Lachs müssen bis zu fünf Kilo wild gefangener Fisch verfüttert werden. Ein Teufelskreis. Greenpeace beurteilt jetzt in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern erstmals verschiedene Fang- und Aufzuchtsmethoden für die gängigsten Speisefische. Mithilfe unserer Tabelle (unten) können Sie selbst entscheiden, ob sie künftig bedrohte oder aggressiv befischte Kost auf den Tisch bringen wollen.
Info:
Gefährdete ArtenEs sind ja nicht nur Scholle und Lachs, die bei Verbrauchern beliebt und stark gefährdet sind. Auch die Situation bei anderen Arten ist teilweise dramatisch Flussaale vermehren sich nicht in Gefangenschaft und drohen auszusterben. Greenpeace sieht bei ihnen eine deutliche Überfischung. Auch die Seehechte
sind durch eine starke Überfischung gefährdet, obwohl sich die Bestände in nördlichen Gewässern leicht erholen können. Bisher ohne Probleme sind die Makrelen. Der Bestand hält sich auch durch den Nachwuchs im Nordost-Atlantik stabil, allerdings droht er durch zunehmende Überfischung zu schrumpfen.
Die zehn beliebtesten Speisefische und Meerestiere der Deutschen
Art - Verkaufsanteil in Prozent - Gefährdung der Bestände 1) Greenpeace-Bewertung der Fangmethoden 2)
1 Alaska-Seelachs 23,2 Alaska-Seelachs ist speziell in russischen Gewässern überfischt, der Köhler (deutscher Seelachs) ist dagegen noch nicht überfischt Alaska-Seelachs wird nicht schonend genug und damit nicht nachhaltig befischt *
2 Lachs 17,1 Entflohene Zuchtlachse verdrängen Wildlachse und verbreiten Krankheiten. Wildlachse sind im Atlantik selten, im Pazifik wird nachhaltig gefischt. Der Atlantik-Lachs ist gefährdet, der Lachsbestand im Pazifik ausgezeichnet, daher zwei Wertungen * + **
3 Rotbarsch 13,0 Wird bis zu 75 Jahre alt und ist erst spät geschlechtsreif, daher sehr stark überfischt. Fischernetze zerstören seinen Lebensraum besonders. Die wenig schonende Befischung der Bestände ist für den Rotbarsch und das Meer gefährlich *
4 Forelle 6,8 Die amerikanische Regenbogenforelle hat die heimische Bachforelle aus der Zucht verdrängt, trotzdem haben Forellen einen großen Bestand. Die Fangmethoden bei Forellen sind größtenteils besser als bei vielen gefährdeten Fischarten **
5 Kabeljau und Dorsch 4,8 Der Kabeljau ist in der Nord- und Ostsee kaum noch vorhanden, die
Fangquoten liegen 25 Prozent über der von der EU erlaubten Quote. Die Bestände sind bereits um 90 Prozent dezimiert, der Kabeljaufang wird ohne Rücksicht betrieben *
6 Hering 4,6 Noch leben große Schwärme in Nord- und Ostsee, allerdings kaum Nachwuchs in der Nordsee, die Ostsee wird allmählich überfischt . Die Fangmethoden bei Heringen sind eine Alternative zu nicht nachhaltigen Methoden **
7 Garnelen, Krabben 4,3 Werden meist in Aquakulturen mit verheerenden Umweltfolgen gezüchtet. Bestände sind noch gut, werden aber permanent überfischt. Bestände von Garnelen, Krabben und Shrimps werden in den Meeren rücksichtslos ausgebeutet *
8 Viktoriabarsch 2,8 Der Viktoriabarsch wurde im Viktoriasee angesiedelt, vertrieb dort über 200 Fischarten. Der Fisch wird täglich tonnenweise exportiert. Viktoriabarsche können wegen hoher Fangquoten ihren Bestand nicht beibehalten *
9 Karpfen 2,6 Karpfen sind anspruchslose Fische und problemlos in der Zucht, bei ihrem Bestand gibt es wenig Bedenken. Die Zucht- und Fangmethoden von Karpfen sind gut, der Bestand ist nicht durch Überfischung gefährdet **
10 Scholle und Seezunge 2,3 Beim Seezungenfang werden viele mitgefangene Schollen über Bord geworfen. Der Nordseebestand ist gut, aber es gibt wenig Nachwuchs Schollen und Seezungen werden keineswegs schonend befischt *
1) Quelle http://www.bio-ratgeber.de 2) Quelle aktueller Greenpeace-Ratgeber zum Kauf und der Situation von Fischen. Informationen unter http://www.greenpeace.de * = Diese Fischbestände werden nicht schonend befischt, wodurch sich der Bestand verringert **= Diese Fischerei- und Fangmethoden sind bessere Alternativen
Links:
(MOPO vom 24.09.2008 / SEITE 2-3)