Hej alle zusammen,
um die öde Herbstzeit etwas zu überbrücken, habe ich mal in meinen Analen (heißt das jetzt so, aber ich glaube dass ich da jetzt was durcheinander bringe, egal) gekramt und da sind mir ein paar schöne Fotos von 1992 in die Finger gefallen, bei deren Betrachten sich auch Heute noch, neben einem nicht zu verleugnendem Stolz und einer gewissen Freude, auch immer wieder die Nackenhaare sträuben.
Wer Vater von einem Sohn ist wird nach dem lesen des Berichtes schnell verstehen warum die Fotos in mir diese Reaktion auslösen.
Und da ist der Verantwortliche für mein Nackensträuben, mein Sohn knappe 15 zu dem Zeitpunkt
Es fing damit an, dass mein Freund Arne, an einem frühen Freitagabend im späten August ganz aufgeregt an der Tür unseres Sommerhauses In Dänemark anklopfte und mich fragte, ob ich für die Nacht und den kommenden Tag schon etwas vorhätte. Als ich dies verneinte und seiner Frage auf den Grund ging, stellte sich heraus, dass er wiederum gerade von einem mit ihm befreundeten Skipper angerufen wurde und zu einer Hochseetour eingeladen wurde. Da er aber für den Abend mit seiner Zukünftigen bei seinem Schwiegereltern in Spee eingeladen war um die Hochzeitsfeierlichkeiten am darauf folgenden Wochenende zu besprechen, diese Tour leider nicht mitmachen. Ich überlegte nicht lange und sagte zu das ich als Ersatzmann für ihn einspringen würde, meiner Holden würde ich das schonend beibringen, Hauptsache ich wäre am nächsten Nachmittag wieder anwesend, da wir dann wiederum auf einer Geburtstagsfeier bei Freunden meiner Frau eingeladen waren. Als Arne dann endlich mit der Sprache rauskam, hätte ich eigentlich schon ahnen müssen, dass dies alles nicht so klappen würde wie geplant.
Die Tour sollte um 01:00 Uhr in der Nacht von Hanstholm aus ans Gelbe Riff (Gule Rav) starten. Hanstholm liegt ca. 150 km Landstraße von unserem Ferienhaus entfernt und es war immerhin schon kurz nach 20:00 Uhr. Es ging darum, dass sein Freund der Skipper eine Tour geplant hatte, an der neben 11 Anglern aus Schweden auch kurzfristig zwei Redakteure der dänischen Zeitung Fisk og Hav, (Fisch und Meer, Fachzeitschrift für Industriefischerei) teilnehmen sollten, welche eine Reportage über die Angelfischerei vor Dänemarks Küsten schreiben wollten. Leider hatten die Schweden wohl kurzfristig die Tour absagen müssen, da sie bei der Anreise eine Buspanne hatten und so schnell wohl auch keinen Ersatzbus auftreiben konnten. Andere Ersatzleute waren in der Kürze der Zeit bis auf 3 wohl nicht erreichbar.
Also hieß es sputen, die Angelkiste klar machen, die Ruten einpacken war das eine, Frauchen überzeugen, dass ich da wohl eine gute Tat tun musste und bis zum Abend am nächsten Tag wieder zurück wäre, dass andere. Wesentlich nerviger war da allerdings mein knapp 15 jähriger Sohn, der unbedingt mit wollte. Alle meine Erklärungen, dass dies auf der Nordsee wohl eher was für „Männer sei welche die See gewohnt sind und wissen wie sie mit der Rute umgehen“, halfen da nicht. Er wurde von Muttern bestärkt, was ansonsten eigentlich nie der Fall war (Frauchen wollte wohl nicht den ganzen Tag Diskussionen mit dem Jungen führen, wieso er nicht mit durfte) und durfte also mit. Letztlich war ich aber auch froh, so hatte ich einen Beifahrer und musste die Strecke nicht allein zurücklegen und hatte jemand, der mir beim tragen der Sachen und säubern der Fische helfen konnte. Es war kurz nach 23:00 Uhr als alles verladen war, und wir uns Richtung Westen aufmachten.
Als wir kurz vor 01:00 Uhr im Hafen ankamen fanden wir den Kutter sofort, da es der einzige war, dessen Motor lief und der hell erleuchtet war. Thommi der Skipper begrüßte uns freundlich, stellte uns die anderen Personen vor, Jim seine rechte Hand half uns unsere Sachen an Bord zu bringen und dann legte er auch schon ab. Die Fahrt war auf Grund der niedrigen Windstärke (1-2 Bft) angenehm und wir machten es uns in den Kojen unter Bord gemütlich, die Müdigkeit tat ein weiteres dazu, dass ich bald die Augen schloss. Im Gegensatz zu meinem Sohn, der urplötzlich seine Koje verließ und sein Heil auf Deck suchte. Seekrank war meine erste Überlegung, Sch… das kann ja lustig werden, kaum aus dem Hafen und schon. Glücklicherweise war es dann doch nicht so weit, aber die stickige Luft unter Bord und das schaukeln hatten es ihm etwas mulmig im Magen werden lassen, an der frischen Luft ging es ihm dann sofort besser. Das ließ mich natürlich wieder den Spruch wiederholen, das so eine Hochseetour etwas für „Männer sei, die die See gewohnt sind und wissen wie sie mit der Rute umgehen“. Wenn ich gewusst hätte was darauf folgen sollte.
Gegen 6:00 am Morgen drosselte der Skipper die Geschwindigkeit, ein Zeichen dafür dass wir das Zielgebiet wohl erreicht haben mussten. Wer sich etwas mit Hanstholm auskennt, wird wissen, das die Fahrt ans Gelbe Riff in der Regel max. 3, je nach Wind auch mal 4 Stunden dauern kann, für mich ein Zeichen, dass wir wesentlich weiter rausgefahren waren als normal.
Ein Besuch im Steuerhaus und ein Gespräch mit Thommi sollten meine Vermutung bestätigen. Er erklärte mir an Hand des Echolotes und des Kartenplotters, dass wir uns auf der nordwestlichen Seite des sogenannten Gelben Riffes befinden und dass anschließend die Wassertiefe extrem abfallen würde. Diese Region würde auf Grund der doch recht widrigen Bedingungen von den Hochseekuttern mit Anglern in der Regel nie angefahren, da das Risiko für schlechtes Wetter, verbunden mit entsprechendem Wellengang so weit draußen einfach zu groß sei. Na ja uns sollte es gleich sein, das Wasser lag relativ ruhig vor uns und nur kleiner Wellen bewegten den Kutter auf und ab. Seine Bemerkung, das hier mit ganz großen Dorschen zu rechnen sei, nahm ich wohlwollend zur Kenntnis.
Als Vater ist man ja bestrebt bei solchen Unternehmungen seinem Nachwuchs einen Erfolg zu ermöglichen, dieses war auch der Grund warum ich erst mal die Rute meines Sohnes überprüfte und mit ihm zusammen, dann den vermeintlichen richtigen Pilker und die Vorfänger aussuchte. Vorsichtshalber hatte ich auf Grund der Drohung des Skippers (große Fische) nur einen Vorfänger angeknüpft, als er den Motor drosselte. Thommi klopfte an die Scheibe das Steuerhauses und gab uns zu verstehen dass wir den Vorfänger besser entfernen sollten. Gut wenn der Skipper das so meint, mache ich den schönen Vorfänger wieder ab, verkündete Thorsten mein Sohn. Ich machte mich dran meine Rute zu richten als auch schon das erste Hupen erklang.
Thorsten war der erste der seinen Pilker auf die Reise zum Grund schickte und er war auch der erste, der rief Sch.. Grundbiss. Na das fängt ja gut an war mein erster Gedanke, bis ich dann sah, dass die Rute deutliche Verbeugungen machte und dabei zu erkennen war, das dort ein größerer, kraftvoller Zug von unten Schuld haben musste. Auch der Skipper bewegte sich aus seinem Steuerhaus und meinte ganz trocken „Großer Fisch“. Da blieb mir doch nichts anderes übrig, als meinem Sohn zur Seite zu stehen und Hilfestellung zu geben. Die anderen an Bord neben ihm hatten inzwischen ihre Köder wieder eingeholt um den Fight nicht zu behindern. Da wir insgesamt nur 5 Angler waren, angelten wir alle auf einer Seite und hatten somit im Vorschiff doch genügen Raum, da der Bereich direkt neben dem Steuerhaus zum fischen auf Grund der Enge nicht so geeignet war.
Nach ca. 20 Minuten sahen wir dann das Drum von einem Fisch auftauchen, Jim war sofort mit dem großen Gaff hilfsbereit zur Seite und eh man sich versahen hing der Dorsch auch schon an der Waage. 23 kg zeigt diese an. Die Glückwünsche und das Schulterklopfen ließen meinem Sohn die erste Bemerkung fallen, in Anspielung auf meine Aussage, „Männer die die See gewohnt sind und wissen wie sie mit der Rute umgehen“.
Fette Beute, es kommt noch schlimmer
Na ja irgendwie war kam der Vaterstolz doch durch und ich konnte mir ein Lob nicht verkneifen, „Gut gemacht Sohnemann“. Immerhin hatten wir rund 120 m Wasser unter uns und er hat gut gedrillt, der Junge.
Ich würde an Deiner Stelle den Drilling von dem Jungen auswechseln sagte nun Jim zu mir, der ist ganz schön in Mitleidenschaft gezogen worden. Recht hatte er, sah nicht mehr ganz wie ein Drilling aus und ein Schenkel war auch ziemlich aufgebogen. Daran sollt es nun nicht scheitern. Also schnell den Drilling gewechselt, du kannst ja solange mit meiner Rute weiterfischen Thorsten, die ist einsatzbereit. Wenn ich geahnt hätte was dann folgte, hätte er den Drilling selbst wechseln können.
Ich hab schon wieder einen dran ertönte sein Ruf an Deck, ungläubig zogen die andere Ihre Köder wieder ein und blickten gespannt in Richtung meines Sohnes. Als Thommi wieder seelenruhig zum Ausdruck brachte „Großer Dorsch“, macht ich mir die ersten Gedanken, ob ich mir Heute nicht noch so einiges anhören müsste vom Söhnchen.
Tatsächlich großer Dorsch, Jim allein konnte den Dorsch mit dem Gaff nicht an Bord heben, es war ein zweiter Helfer nötig. Die Waage bleib diesmal bei 25 kg stehen, Glückwunsch Sohnemann.
Hoch damit, mit dem Watz, aber 25 kg wollen erst mal gehoben sein
Beim nächsten Trieb durfte ich dann endlich auch meinen Köder ins Wasser bringen, was aber keinen Biss brachte, wir waren zwischenzeitig abgetrieben. Neben zwei weiteren Dorschen mit 12 und 18 kg bei den anderen Anglern gab es bei dem ersten Halt keine weiteren Fänge mehr zu verzeichnen.
schönes Tier, nicht so groß, dafür aber leichter zu heben
Der nächste Trieb brachte bei Sohnemann einen Dorsch mit „nur“ 8 kg, ich ging wieder mal leer aus. Doch das sollte sich rasch ändern, nach dem Verlegen an eine andere Stelle, war ich diesmal der erste, dessen Pilker den Grund erreichte. Grundkontakt, Biss, aber was war das? Es klimperte wie wild an meiner Rute, nicht so wie bei den anderen, ruhig und druckvoll. Der kleinste Dorsch des Tages kam nach kurzer Zeit an die Oberfläche, um die 2 kg leicht, was nun folgte kann man Euch ja vorstellen. Die Kommentare von den Mitanglern gingen von, nimm dir mal eine Beispiel an deinem Sohn, bis hin zu du solltest mal bei deinem Sohn in die Lehre gehen und natürlich vom Sohnemann selbst „ sagtest du nicht irgendwas von Männern, die die See gewohnt sind und wissen wie sie mit der Rute umgehen“. Mhm, da kam ja doch etwas Unmut auf bei mir, doch als Vater steht man drüber, Augen zu und weiter geht’s.
Die anderen fingen bei dem Stop schöne Dorsche zwischen 10 bis 28 kg und ich hatte endlich einen starken Biss, der auf einen richtig guten Dorsch schließen ließ. Leider stieg dieser aber relativ schnell wieder aus, um sich dann anscheinend doch für den Pilker meines Sohnes zu entscheiden. Der wiederum mit aller Kraft seine Rute festhielt und versuchte das Untier an die Oberfläche zu pumpen, was ihm dann schließlich auch erfolgreich nach einer längeren Zeit gelang.
Wie auch vorher schon, erntete er viel Lob und ich zog die mitleidigen Blicke der anderen Drei auf mich, die sich schon köstlich amüsierten. Ach so ja, der Dorsch wäre in Deutschland zu dem Zeitpunkt wahrscheinlich als Rekorddorsch eingetragen worden. Stolze 29,4 kg zeigte die Waage.
Größter Dorsch von junior an diesem Tag 29 kg rund und schwer
Es geht auch kleiner
Dieses war nicht der größte Dorsch, der an diesem für mich eher blamablen Tag an Bord kam, der größte lag bei 31 kg. Glückwunsch von uns allen an den glücklichen Fänger, in diesem Fall ausnahmsweise mal nicht mein Sohn, der mit seinem größten Fisch an diesem Tag auf Rang zwei landete.
Der Rekordfisch an diesem denkwürdigen Tag
Gegen Mittag legte der Wind zu und der Skipper betätigte die Hupe zur Rückfahrt.
Rekord Dörschlein, der Spott der Mittangler war mir gewiss
Im Gegensatz zu mir mit nur einem Dorsch von knapp 2 Kg war das Ergebnis dieses Tages für meinen Sohn umwerfend. Insgesamt 7 Dorsche (29, 25, 23, 19,12, 8 und 5 kg) hinterließen ein bleibenden Eindruck bei ihm und somit einen wunderschönen Erfolg, an den er immer wieder gerne zurück denkt und von dem er Heute auch immer wieder gerne erzählt, wenn wir gemeinsam zum Hochsee angeln unterwegs sind.
Teil der Beute, zum hochhalten zu schwer
Mit einem blinzeln im Auge kommt dann immer mal wieder der Spruch „Gut das wir Männer sind, welche die See gewohnt sind und wissen wie sie mit der Rute umgehen“. Wohlwissend, dass ich die meiste Zeit an jenem Tag damit verbrachte, ihm zu Seite zu stehen, falls er in Schwierigkeiten gekommen wäre. Solch ein Erfolg hat sich bislang, auch nicht annähernd wieder bei ihm eingestellt. Jetzt hat er ja selbst eine Tochter, die er später, wenn sie dann größer ist auch zum Fischen mitnehmen will, wovon ich ihm eigentlich aus eigener Erfahrung abraten sollte, oder besser doch nicht.
Mach das Maul zu, großer Fisch
Letztlich war ich aber als Vater doch Stolz wie Oskar auf den Fang von Thorsten, auch wenn der für mich letztlich einen Haufen Arbeit mit ausnehmen und filettieren einbrachte. Thorsten erlebte nach der doch recht anstrengenden langen Nacht und dem Einsatz beim Angeln und der vielen frischen, kühlen Seeluft, die Rückfahrt zum Hafen, schlafend auf seiner Fischkiste an der Reling.
Angeln macht Müde, verdienter Schlaf, nach einem arbeitsreichen Tag
An diesem Tag kamen insgesamt ein Dorsch über 30 kg, sowie 17 Dorsche zwischen 20 -30 kg an Bord. Des Weiteren noch etliche über 10 kg. Der Kleinste, natürlich wie sollte es auch anders sein, war der von mir an diesem Tag gefangene Dorsch mit rund 2 kg.
Auch nicht ganz leicht der große Fisch
Zum Fangerät selbst, wir haben ABU Pilkruten 2,1 m bis 2,4 benutzt mit Wurfgewichten zwischen 100 - 400 g, welche jeweils mit Multirollen Abu 6500 er, bzw. mit 10000er bestückt waren. Zur Schnur ist zu sagen, dass die Geflochtene zu dem Zeitpunkt noch nicht so verbreitet war wie Heute. Der Durchmesser lag bei ca. 0,24 und hatte eine Tragkraft von ca. 40 kg, wenn ich mich recht erinnere. Vor die Schnur hatten wir Schlagschnur in doppelter Rutenlänge mit 0,7 Mono vorgeschaltet. Als Köder kamen Pilker zum Einsatz welche zwischen 200 bis 400 g lagen. Die Fische wurden ausschließlich auf schwarze Pilker mit rotem Rückenstreifen gefangen. Die vorsorglich mit Vorfängern ausgerüsteten Angeln kamen auf Grund der Fischgröße an diesem Tag nicht zum Einsatz.
Zu den Fischen selbst, diese waren trotz ihrer Größe fest und einwandfrei im Fleisch. Ich war zuerst der Meinung dass sie schwammig und weich seien, doch dies war glücklicherweise nur eine Vermutung. Man merkte auch schon beim anfassen, dass sie gut und kräftig in der Muskulatur waren.
Was wir mit dem Fang gemacht haben? Ein Anruf bei Arne wegen der Fangverwertung ergab, dass sein Tiefkühlschrank voll bis oben hin wäre und er gerne schnell mal einen Bekannten anrufen wolle, der Koch im Altenheim wäre. Dieser hätte ihn erst kürzlich auf eine Fischspende angesprochen. Gesagt getan, der Rückruf kam umgehend über den Schiffsfunk. Im Altenheim in Frederikshavn, würde man den Speisezettel für Sonntag verwerfen und statt des geplanten Essens würde frischer Fisch auf den Teller der alten Leutchen kommen.
Gegen 20:00 legten wir dann wieder im Hafen an, die Rückfahrt hat auf Grund des stärker gewordenen Wind (5-8 Bft) jetzt fast 8 Stunden gedauert. Der Geburtstag bei den Freunden meiner Frau fand natürlich ohne mich statt. Nachdem wir schnell noch einen Imbiss anfuhren um uns für die Rückreise zu stärken, waren wir dann am Samstag, nachdem wir die Fische noch im Altenheim abgeliefert hatten so gegen 24:00 Uhr zurück im Sommerhaus. Den Sonntag nutzte ich dann dazu, die Stimmung bei meiner Regierung wieder in Richtung Sonnenschein zu bringen und fasste an diesem Tag auch keine Angel an.
Ach ja, das Essen und Trinken im Imbiss hat mein Sohn von seinem Taschengeld bezahlt.
Die Qualität der Fotos ist leider nicht so gut, da ich diese von Papieraufnahmen abskannen musste und 1992 auch noch keine Digitalkamera hatte. Ebenso können die Gewichtsangaben nach so langer Zeit den verkehrten Bildern zugeordnet worden sein, man möge mir verzeihen.
Gvh
Rainer