eine ganz alltägliche Geschichte fernab vom Angeln

  • Ein altes Sprichwort sagt: "Borgen bringt Sorgen ",


    so kann es gehen:
    Ein ganz gewöhnlicher Sonntag. Das sonntägliche Frühstücksei ist gekocht. Genau 4,5 Minuten. Hmm sollte lecker schmecken. Jetzt schlägst Du Dein Sonntagseichen auf und freust Dich, dass Du lebst und wie schön das Leben als solches doch ist.


    Hart, unerwartet und rücksichtslos schlägt jetzt das Schicksal zu !


    Der Salzstreuer ist leer ! Du bist entsetzt, kannst es nicht fasen. Machst den Deckel des Salzstreuers auf. Es kommt nichts mehr . Kein Salz, wie fürchterlich !


    Du sprintest durch Deine Küche. Alles da Oregano, Cheyennepfeffer, Basilikum, Pfeffer, Liebstöckel - NUR KEIN SALZ !
    Verdammt. Was nun ?


    Du bist Frühaufsteher. Die nächste Tankstelle ist 10 km entfernt. Kein Laden auf. Haupttreffer !


    Nochmal durchwühlt man jeden Winkel der Küche. Unsinnigerweise suchst Du in der Wohnstube im CD-Regal und sonstwo. NICHTS !


    So bleibt Dir nichts anderes Übrig, als den Tatsachen ins Auge zu sehen.


    Was könntest Du tun ? Freunde anrufen und um Salz bitten. Du hast eine Menge Freunde mit einer Menge Salz im Haus. Du könntest Jens-Uwe anrufen und fünf Minuten später wäre Salz im Haus. Aber Jens-Uwe ist gerade auf Mallorca. Du siehst vor Deinem geistigen Auge den Jens-Uwe auf Malle mit seinem Frühstsei sitzen und kochst innerlich vor Wut.
    Jens-Uwe kommt also nicht in Frage. Also muß Heinz herhalten. Aber shit happens - Heinzens Auto ist bis Montag in der Werkstatt.
    Jochen ? Nein gleich gestrichen - der pennt bis in die Puppen und hört das Telefon nicht !
    So gehst Du alle Deine Freunde durch und stellst fest, dass Dir keiner aus Deiner Notsituation helfen kann. Und Du denkst: " Gibt es wirklich noch Freundschaft ?"
    Trübsal überkommt Dich und versaut Dir den schönen Sonntag. Und noch schlimmer - Dein 4,5 Minuten-Ei wird immer kälter !


    Aber dann durchzuckt Dich der rettende Gedanke ! DER NACHBAR ! HURRA !
    Dein Entschluß steht fest. Du wirst auf der Basis von Ware-Geldbeziehungen Deinen Nachbarn um Salz bitten. Also schnell mal 60 Cent zusammenklauben und hin zum Nachbar.
    Bevor Du beim Nachbarn klingelst, denkst Du noch fix an eine tragische Geschichte, um wirklich leidend auszusehen und das Mitleid des Nachbarn gewinnen zu können. Du klingelst, der Nachbar öffnet und Du bringst den üblichen Spruch mit ... Entschuldigen sie bitte...
    Der Nachbar sieht sofort Dein schmerzverzerrtes Antlitz, schreit auf, will Dir unverzüglich behilflich sein. " Was ist passiert ? ", "Wie kann ich helfen ?"


    Das ist der Satz, auf den Du gelauert hast - jetzt hast Du ihn. Und Du setzt an: " Sorry, es ist mir soetwas von unangenehm...".


    Kurz gesagt. Du erreichst Dein Ziel. Der Nachbar gibt Dir ein angebrochenes Päckchen Salz, Du bietest ihm die 60 Cent an, der Nachbar ziert sich,wie eine alte Jungfer: " Nein, nicht doch, ist nicht nötig, ich helfe doch gerne, er wehrt sich, Du steckst ihm das Geld in seine Jogginghose , dankst noch einmal beflissen und versprichst, dem Nachbarn das Salz zurück zu bringen und gehst.


    Ja, geschaftt - das Frühstücksei ist gerettet !


    Hier könnte die Geschichte zu Ende sein ! Irrtum, weit gefehlt ! Sie fängt erst an.


    Am Montagmorgen willst Du zur Arbeit. Du stehst an der U-Bahn und Dein Nachbar kommt hinzu. Du weißt, Du stehst in seiner Schuld. Also mußt Du ein Gespräch anfangen, weil der Nachbar nicht auf den Gedanken kommen soll, Du würdest ihn absichtlich nicht erkennen, um das Salz nicht zurückgeben zu müssen.
    Also sagst Du freundlich: " Guten Morgen Herr Nachbar." Er grüßt zurück und fragt, ob das Ei denn geschmeckt habe und Du versicherst ihm nochmals, dass er mit seiner Salzleihe Dir den ganzen Sonntag gerettet habe. Er freut sich, lacht- Du lachst natürlich auch, schließlich stehst Du in seiner Schuld.


    Den ganzen Tag auf Arbeit kannst Du an nichts anderes denken, als an das verdammte Salz. Du kannst keinen klaren Gedanken fassen. Du schaffst nichts und fährst gestresst wegen des Salzes nach Hause.


    Auf dem Weg nach Hause quälst Du Dich mit Gedanken an alles, was Du heute nicht geschafft hast. Was Du hättest erledigen können und Du morgen tun mußt.


    UND NATÜRLICH VERGISST DU SAZL EINZUKAUFEN !


    So in Gedanken versunken, gehst Du nach Hause. Kurz vor dem Gartentor spricht Dich einer an. " Na gibt es heute ein Viereinhalbminutenei ?" Verdammt, na klar - der Nachbar !
    Du wirst fast ohnmächtig, alle Eierschalen dieser Welt fallen Dir von denAugen.
    Was ist Morgen, wenn der wieder an der U-Bahn neben Dir steht, was willst Du ihm erzählen ? So etwa spricht sich in der Gegend schneller herum, als Preiserhöhungen für Butter und Milch.
    Du mußt sofort aktiv werden - handeln ! Ruck zuck stellst Du zu Hause eine Flasche Cognac auf den Tisch, Käse, Brezeln und Salzstangen. Jetzt gehst Du zum Nachbarn und fragst ihn, ob er nicht mal auf ein Gläschen Cognac vorbeikommen möchte.
    Der Nachbar dankt und kommt ( natürlich bringt er gleich seine Frau mit ). Beide machen sich über Deinen Cognac her, knabbern Dein Gebäck weg, amüsieren sich köstlich. Man redet , wie schön es ist, sich kennengelernt zu haben und könne die Sache doch gerne noch einmal wiederholen. Erwähnt auch beiläufig, dass die Menschen doch mal öfter beim Einkauf etwas vergessen könnten und das Nachbarschaftshilfe die Menschen doch näher bringe.
    Jetzt sind alle Knabbereien aufgegessen der Cognac ausgetrunken und der Nachbar bietet an, etwas von sich zu holen. Du dankst und stimmst zu. Der Nachbar geht und kommt mit leeren Händen zurück. Hat angeblich leider nichts zu Hause. Du bietest ihm an, ihm etwas zu borgen.


    Er dankt und bietet an, es morgen zurück zu bringen.


    Am nächsten Morgen triffst Du den Nachbarn wieder an der U-Bahnhaltestelle. Ihr begrüßt Euch, versichert Euch, dass es ein schöner Abend gestern war. Du erwähnst, dass es gut gewesen sei, dass Du noch eine Flasche Cognac zu Hause hattest und auch Gebäck. Du bohrst weiter - aber er tut, als ob er sich nicht erinnern könne.
    Du wartest an den folgenden Tagen darauf, dass der Nachbar sich, wie versprochen, sehen läßt. Es geschieht nichts.


    Du denkst: " Man sollte sich die Leute doch etwas geauer ansehen, denen man etwas borgt "



    Gruß
    Osmar

  • Moin Osamr,


    die Geschichte hat sich gelesen wie Karl May ;)


    Zwar nicht mit 200 Seiten,aber sehr spannend :gut

  • nette Geschichte, so richtig aus dem Leben, dazu kam mir wieder folgendes Gedicht von Eugen Roth in den Sinn.



    Einladungen


    Ein Mensch, der einem, den er kennt,
    Gerade in die Arme rennt,


    Fragt: "Wann besuchen Sie uns endlich?!"
    Der andre: "Gerne, selbstverständlich!"


    "Wie wär es", fragt der Mensch, "gleich morgen?"
    "Unmöglich, Wichtiges zu besorgen!"


    "Und wie wärs Mittwoch in acht Tagen?"
    "Da müßt ich meine Frau erst fragen!"


    "Und nächsten Sonntag?" "Ach wie schade,
    Da hab ich selbst schon Gäste grade!"


    Nun schlägt der andre einen Flor
    Von hübschen Möglichkeiten vor.


    Jedoch der Mensch muß drauf verzichten,
    Just da hat er halt andre Pflichten.


    Die Menschen haben nun, ganz klar,
    Getan, was menschenmöglich war


    Und sagen drum: "Auf Wiedersehn,
    Ein andermal wirds dann schon gehen!"


    Der eine denkt, in Glück zerschwommen:
    "Dem Trottel wär ich ausgekommen!"


    Der andre, auch in siebten Himmeln:
    "So gilts, die Wanzen abzuwimmeln!"


    das hat zwar nichts mit leihen zu tun, ist aber auch aus dem Leben ;)


    ciao


    Mario

  • Hi Osmar!


    Ja so ist das mit dem Borgen oder Verborgen!


    Ich habe vor ca . 3 Jahren meinen Heißluftföhn verborgt - ich weiß nicht mehr
    an wen - und ein schlechtes Gewissen hat auch Keiner . Seitdem habe
    ich im Keller eine Pinnwand.


    Bei deiner Geschichte aber scheint der Sachverhalt etwas andes zu liegen.
    Deine Freunde wussten, das sie das Salz nicht zurück bekommen und haben die Tür nicht aufgemacht :D :D : Das Salz hast du auch nicht von deinem Nachbarn sondern von deiner Nachbarin bekommen und das Borgen dauerte etwas länger :D:D :D
    Ich glaube -als Nachbar - wärst du bei mir dann nicht mit 2 Fl. Congnac davon gekommen. :D :D :D :D


    Sonst aber eine Geschichte aus dem Leben.


    Gruß Oldman

    Wenn der letzte Baum gefällt und der letzte Fisch gefangen ist,
    wirst du feststellen das man Geld nicht essen kann.